Wie es sich anhört, wenn die Reifen über den Asphalt rollen, wenn ihr schnell über die Autobahn fahrt oder wenn du dich nicht angeschnallt hast – all das, was du während der Autofahrt hörst, gehört zur sogenannten Fahrzeugakustik. Doch was bedeutet das Wort „Akustik“ eigentlich?
Die Lehre vom Schall
Die Akustik untersucht, wie Schall entsteht und sich ausbreitet, wie er beeinflusst wird und wie er erzeugt werden kann. Schall wird durch ein Geräusch oder einen Ton ausgelöst und besteht aus sogenannten akustischen Wellen oder Schwingungen. Sie heißen so, weil sie den Druck der Luft verringern und wieder erhöhen, sodass unsichtbare Wellen entstehen, die durch die Luft „schwingen“. Mit circa 340 Meter pro Sekunde können sich die Schallwellen durch die Luft ausbreiten und bis an dein Ohr gelangen, wo sie dein Trommelfell ebenfalls in Schwingungen versetzen. So kannst du ein Geräusch oder einen Ton hören. Die Schallwellen können außerdem unterschiedlich schnell schwingen: je schneller die Schwingung, desto höher nimmst du einen Ton war. Je stärker der Druck schwankt, desto lauter ist ein Geräusch. Die Lautstärke von Geräuschen wird mit der Einheit „Dezibel“ gemessen. Wenn du zum Beispiel flüsterst, sind das circa 30 Dezibel, wenn du normal sprichst, sind es ungefähr 55 Dezibel.
Ein Auto macht nicht nur „Brumm“
Im Gegensatz zur Akustik beschäftigt sich die Fahrzeugakustik nicht nur mit dem generellen Thema „Schall“. Sie analysiert, prüft und verbessert die Geräusche von Fahrzeugen. Im Stadtverkehr bei niedrigen Geschwindigkeiten ist zum Beispiel der Motor meist sehr laut, wenn man anfährt und beschleunigt. Auch das Abrollen der Reifen auf der Fahrbahn, die sogenannten „Reifen-Fahrbahn-Geräusche“, kann man hören. Auf der Autobahn bei sehr hohen Geschwindigkeiten ist die Luftumströmung, also die Aerodynamik, besonders laut. Theoretisch kann aber jedes Einzelteil am Auto Geräusche erzeugen. Besonders, wenn es sich während der Fahrt bewegt, schwingt oder vibriert. Du kannst dir das vorstellen wie nach einem Einkauf: Wie Glasflaschen oder Dosen in der Einkaufstasche, so können auch im Kofferraum Bauteile klappern, knarzen oder quietschen. Die Karosserie, der Fahrzeugrahmen des Autos, kann außerdem Antriebs-, Roll- und Windgeräusche weiterleiten und sie damit noch lauter und störender machen.
Lärm, Lärm und nochmal Lärm
So extrem wie hier dargestellt, hast du das aber bei der Autofahrt nicht wahrgenommen, oder? Das liegt daran, dass sich bereits beim Bau eures Autos Fahrzeugakustiker/innen um diese sogenannten Störgeräusche kümmern und sie entfernen. Bei großen Autobauern wie der Mercedes-Benz Group AG testen die Ingenieur/innen die Einzelteile des Autos schon auf ihre Akustik, bevor sie zusammengebaut werden und das Auto fertig ist. Sie passen die Lautstärke des Antriebs und der Reifen den gesetzlichen Vorgaben an. Besonders an großen Straßen, wo viele Autos fahren, ist es manchmal sehr laut. Um Anwohner vor der Lautstärke zu schützen, sind von der Europäischen Union Grenzwerte für die Lautstärke von Autos in Dezibel festlegt. An diese Grenzwerte müssen sich alle Autobauer halten.
Geräusche für die Sicherheit
Doch nicht nur laute Geräusche müssen entfernt werden. Versuch mal Zuhause mit verschiedenen Gegenständen leise Geräusche zu machen. Du wirst merken: Auch hier kann manches sehr unangenehm und störend sein. Wenn Fahrzeugakustiker/innen aber auch leise Geräusche entfernen – warum hört man dann bei der Autofahrt überhaupt noch etwas? Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: Weil es für Autofahrer und Fußgänger sicherer ist. Wenn du die Straße überqueren willst, achtest du meist nicht nur mit den Augen, sondern auch mit den Ohren darauf, ob ein Auto kommt. Müssten sich alle nur noch auf ihre Augen verlassen, gäbe es vermutlich viel mehr Unfälle. Doch auch für den Autofahrer sind akustische Signale wichtig. Einige werden deshalb von den Akustiker/innen künstlich hergestellt oder verstärkt. Wenn der Autofahrer zum Beispiel das Gaspedal drückt, ist das Gasgeräusch für ihn die akustische Rückmeldung, dass das Pedal funktioniert und das Auto nun beschleunigt. Hat er vergessen, sich anzuschnallen, ist es wichtig, dass das Auto sich mit einem Geräusch meldet. Drückt der Autofahrer auf den Knopf auf seinem Schlüssel, sagt ihm ein schnappendes Geräusch, dass das Auto nun abgeschlossen ist.
Testcenter mit drei Prüfständen
Die Akustikingenieur/innen der Mercedes-Benz Group AG testen die Fahrzeugakustik im Technologiezentrum für Akustik und Schwingungen in Sindelfingen. Erst vor kurzem wurde dieses Zentrum eröffnet. An drei Prüfständen mit Mikrofonen können Geräusche in verschiedenen Verkehrssituationen getestet werden.
Mit dem sogenannten Allrad-Außengeräusch-Prüfstand können die Akustikingenieur/innen Außen- und Innengeräusche unabhängig vom Wetter prüfen. Der „Regengeräusch-Prüfstand“ testet, welche Geräusche zum Beispiel Dach und Scheiben bei unterschiedlich starkem Regen machen. Der „Akustik- und Schwingungskomfort-Prüfstand“ testet die Abrollgeräusche der Reifen und wie sich Straßenunebenheiten anhören. Sogar unterschiedliche Straßentypen können die Fahrzeugakustiker/innen zum Test nachahmen: Kopfsteinpflaster in kleinen Städten hört sich zum Beispiel anders an, als der Asphalt auf großen Autobahnen.
Die Tests helfen letztlich bei der Entwicklung von Bauteilen: Zum Beispiel können die Autobauer Rückspiegel so gestalten, dass schnell vorbeiströmender Wind keine unangenehmen Geräusche macht.
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Stand: Juli 2017